In Bern pflegt die Stadtkanzlei, die Stabstelle des Gemeinderats, seit 10 Jahren alle neu in die Stadt gezogenen persönlich – und in inzwischen 10 Sprachen – willkommen zu heissen. Von den rund 10‘000 neuen Stadtbewohnern pro Jahr (inkl. diplomatisches Personal und Asylsuchende) machen jedoch nur wenige hundert auch vom Angebot Gebrauch, die offizielle, zweimal im Jahr stattfindende Willkommensfeier in den 7 Quartieren/Stadtteilen und seit 2016 auch im Rathaus mitzumachen. Das Ressort Beziehungspflege und Repräsentation der Stadt Bern wünscht sich dabei natürlich, dass sich alle für unsere schöne Stadt so zu begeistern wissen, wie Goethe dies 1779 tat, als er schrieb: «Die Stadt ist die schönste, die wir gesehen haben…».
Auf der Homepage der Stadt ist folgendes zu lesen: „Das ist Bern, das ist Ihr neues Zuhause: Ca. 140‘000 Einwohnerinnen und Einwohner, 54% Grünfläche, 22,7 Kilometer Aare, die Altstadt als UNESCO Welterbe mit 6 Kilometer Lauben und weltbekannte Persönlichkeiten wie Einstein und Klee die hier wirkten. Herzlich willkommen! Wir möchten Sie persönlich in Ihrem neuen Lebensumfeld begrüssen und laden Sie auf einen Spaziergang durch Ihr Wohnquartier ein. Lernen Sie Ihr neues Lebensumfeld kennen bei unseren Willkommensanlässen.“
Vor dem grossen Apéro und der Begrüssung im Rathaus durch den Gemeinderat organisieren die Stadtteile jeweils einen Rundgang durchs Quartier, auf dem nicht nur Historisches sondern auch viel Aktuelles und Lebenspraktisches erfahren werden kann. Da ich selber Stadtführerin bei Bern Welcome, Altstadtbewohnerin und Leistmitglied (darüber noch mehr) bin, darf ich meistens die beliebte Führung durch die Berner Altstadt im Stadtteil I übernehmen. Und Sie als meine FollowerInnen können sich sicher vorstellen, dass ich dabei dank meines Blogs auch viele aktuelle Insider-Informationen parat habe.
Im Rathaus erwartet die Neuzuzüger dann eine Begrüssung durch den Stadtpräsidenten selbst, oder durch einen der anderen vier Gemeinderäte (der Gemeinderat als die Exekutive ist das oberste leitende, planende und vollziehende Organ der Stadt Bern. Jede/r von ihnen leitet eine der fünf Direktionen der Stadtverwaltung). An rund zwei Duzend individuell gestalteten Informationsständen in der Rathaushalle können sich die Besucher anschliessend über ihre neue Heimatstadt gründlich informieren und bekommen viele persönliche Tipps – zum Beispiel auch, was mein vorheriger Hinweis über den „Leist“ betrifft:
Ähnlich zu den traditionellen mittelalterlichen Handwerker-Zünften, deren Mitglieder jedoch mit der Zeit eher einer gehobene Bevölkerungsschicht angehörten, haben sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts neue Vereinigungen gebildet, die Leiste. Ihre Aufgaben, denen sie sich verschrieben hatten, ähnelten denen der Zünfte. Mit dem 1863 gegründeten Lorraineleist (ich habe Euch über die Lorraine ja schon so einiges berichtet) adaptierte erstmals ein Quartierverein den Begriff „Leist“. Viele weitere Quartier- und Gassenleiste wurden seither gegründet. Es ging dabei immer um das Wohl der Gemeinschaft und um den Erhalt von Lebensqualität im Quartier.
Heute existieren – neben den eher politisch ausgerichteten Quartierkommissionen – über 100 verschiedene unabhängige Leiste in der Stadt, die alle nur durch in vielen Stunden freiwillig und unentgeltlich geleistete Arbeit leben, wirken und überleben. Anwohner, die sich entschliessen, in den Leist einzutreten, erwartet eine Fülle von Dienstleistungen und Mitsprache in Bezug auf ihre Wohnsituation. Ich lege Ihnen also ganz persönlich ans Herz: Werden Sie Mitglied in Ihrem jeweiligen Leist, es lohnt sich! 1978
1978 schlossen sich die fünf wohl kleinräumigsten unter ihnen, die Gassenleiste auf der Aarehalbinsel der Unteren Altstadt, zu einer Dachorganisation zusammen, den Vereinigten Altstadtleisten VAL. Sie sind auch die Herausgeber der beliebten Altstadtzeitung „BrunneZytig“, die quartalsmässig erscheint und die jeder Altstadtbewohner und jedes VAL-Leistmitglied kostenlos in seinem Briefkasten findet. Über sie werden wir nächstens noch eingehender berichten…
Vielen Dank Zahai für deine Ergänzungen und überhaupt deinen Einsatz für die Stadt!
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