Eine Geschichte von Zahai Bürgi, Altstadtbewohnerin und Redakteurin der BrunneZytig
Ein paar Mandeln sei Dank – wohne ich seit 23 Jahren in der wunderschönen Unteren Altstadt von Bern! Und so geht die Geschichte: Meine beste Freundin fuhr im Postauto nach Hause nach Rüeggisberg, als hinter ihr jemand ungeniert laut und störend begann, etwas zu kauen. Sie drehte sich um, bereute dies aber sofort, denn die Frau bot ihr ein paar Mandeln an und sprach während der restlichen Fahrt unaufhaltsam auf sie ein: Sie wohne mit ihrem Mann in der Berner Altstadt, wo sie es kaum noch aushalte, denn es ziehe sie – ganz im Gegensatz zu ihrem Mann, dem die Dachwohnung zur engen Heimat (und zum letzten sozialen Netz!) geworden sei – täglich hinaus aufs Land, um zu wandern. In Rüeggisberg habe sie nun Bauland entdeckt, das wolle sie heute genauer anschauen. Obschon sie ja Mitte 80 sei – und ihr Mann Mitte 90 – lasse sie sich weder von einem Umzug noch von einem Hausbau geschweige denn von den passiven Widerständen ihres Gemahls abschrecken.
Meine Freundin wusste, dass ich mich mit wenig Hoffnung seit einiger Zeit nach einer Bleibe in der Altstadt umsah, erkannte die Gunst der Stunde und fragte die alte Dame, ob ihre Wohnung zum Verkauf stehe. Sie „biss“ sofort an und lud uns beide zum nächsten Vollmond ein – der so schön von der Dachterrasse aus zu sehen sei. Also kam ich in einer klaren Vollmondnacht zu meiner Wohnung, einem Balkon zum Innenhof und einer grossen Dachterrasse unter dem Berner Himmel…
Seither bepflanze ich den Dachgarten in ein paar riesigen und auch kleineren Töpfen mit allen möglichen und unmöglichen Dingen. Da die Wohnung weder Keller noch Estrich noch Abstellraum hat, gibt es keine Möglichkeit zur Pflanzenüberwinterung. Einige überleben, andere nicht, anderen gefällt wiederum die immer extremere sommerliche Hitze. Ich bin keine passionierte Gärtnerin geworden, im Gegenteil, meine Pflanzen müssen vielfach selbst schauen, ob und wie sie zurechtkommen, der Rest wird jeweils im Frühling entsorgt, um neuen Experimenten, spontanen Ideen oder Zufallsfunden Platz zu machen.
Doch kurz nach meinem Einzug war eines klar: Um die Geschichte meiner Wohnungssuche abzurunden, sollte ein Mandelbäumchen auf der Terrasse stehen. Ich fand in der Gärtnerei Wyss ein winterfestes Exemplar, das kündet seitdem – in einem inzwischen viel zu kleinen Topf – mit seinen wunderschönen weissrosa Blüten jedes Jahr als allererste meiner vielen Pflanzen den Frühling an, von Bienen – inzwischen gibt es ja auch Berner Stadtbienen! – umschwärmt, deren Fleiss mir einige Monate später immerhin etwa 50 Mandeln beschert, wenn alles gut geht.
Was ich da tue und lasse nennt man heute „urban gardening“. Davon kann ich einiges erzählen, wenn Sie mögen! Zum Beispiel, wie ich zu meinem einzigen Geranium gekommen bin, weshalb mein Baum über das Dach schwebte und von der Ente, die sich hierher verirrte, oder dass der Safran einfach nicht will….
Bald mehr über Zahai Bürgi hier auf dem Blog.
Thank goodness for a handful of almonds – I’ve been living in Bern’s wonderful Unteren Altstadt for 23 years! The story goes like this: my best friend was on the bus going home to Rüeggisberg, when someone behind her began to chew something in a loud and annoying manner. She turned around, but regretted doing so straight away, as the woman offered her a handful of almonds and proceeded to talk to her non-stop for the remainder of the journey: she lived with her husband in Bern‘s Altstadt, which she could hardly stand, so she – in complete contrast to her husband, who rarely left the attic apartment (it had become his last social network!) – came out to the countryside every day to walk. In Rüeggisberg she had discovered a building site, which she wanted to take a closer look at today. Even though she was in her mid-80s – and her husband in his mid-90s – she was neither put off by the idea of moving nor by the housing construction, let alone by the passive resistance of her husband.
My friend knew that I had been looking for a place in the Altstadt for some time now without much luck, seized the moment and asked the old lady if her apartment was up for sale. She immediately invited us both round for the next full moon – which looked so beautiful from the rooftop terrace. So on the clear night of a full moon, I came to find my apartment, a balcony facing the courtyard and a large roof terrace below the skies of Bern…
Since then I’ve been planting all kinds of things on the rooftop garden in both large and small pots. As the apartment has neither a cellar, loft nor storage room, I cannot let the plants ‚hibernate‘ during winter. Some survive, others don‘t, others enjoy the extreme summer heat. I’ve not become an avid gardener, on the contrary, my plants often have to take care of themselves, and the rest are disposed of in spring to make space for new experiments, spontaneous ideas or chance discoveries.
But shortly after I moved in, one thing was clear: to complete the story of my apartment hunting, I needed a little almond tree for the terrace. I found a hardy specimen at Wyss garden centre, that has since then – in a pot that is by now far too small – always been the very first of my many plants to herald spring each year with its beautiful pinkish white blossoms. The bees love it – yes, Bern has its own city bees too! – and if all goes well a few months later their hard work gives me around 50 almonds.
What I’ve described is now known as „urban gardening“. I can tell you a bit more about it if you like! For example, how I came about my only geranium, why my tree hovers over the roof, the stray duck that got lost here, or the saffron that simply doesn’t want to grow…
by Zahai Bürgi, she lives in the old town. I will introduce her in a future post.
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