Nina Stadler – Tänzerin aus Leidenschaft
Die Dachwohnung im Generationenhaus der Burger direkt neben dem Bahnhof Bern übt mit seinen Sichtbalken, seinen tiefen Fensternischen und der Aussicht auf den Innenhof mit der Hinterfassade des historischen Burgerspittels eine grosse Faszination auf mich aus. Das ist Bern, wie ich es gerne entdecke und liebe! Aber auch das ist mein Bern, das mir diese Stadt lebenswert macht: Diese Wohnungseinrichtung, bunt und vielfältig zwischen Design, Kunst und Krimskrams, mit Louis, der Katze und viel kindergerechtem Raum, macht Lebenslust und lässt auf offene, kreative Bewohner schliessen.
Ich bin zu Gast bei der Tanzperformerin, Choreographin und Tanzpädagogin Nina Stadler, die mich zuerst gern durch ihr Reich führt und danach offen ist für meine Fragen.
„Wann hast Du gewusst, dass Du Tänzerin werden willst?“ „Solange ich mich erinnern kann. Meine Mutter erzählte mir oft zur klassischen Musik passende Geschichten, die ich deutlich vor mir sah und die ich in Bewegungen umsetzen konnte. Von der Strasse aus sah ich oft auch direkt in den Tanzsaal von Ivana Halamka, die seit Mitte der 70er-Jahre im obersten Stock des Loeb-Hauses ihre bekanntes Tanzstudio betrieb. Später zog sie an die Marktgasse. Das weckte in mir den Wunsch, genau dies zu tun! Mein Elternhaus im Marzili war immer offen für meinen Traum. So durfte ich für jeden Besuch zwischen den beiden kulissenartigen Flügeltüren bei uns zuhause mein Können beweisen, was mir grossen Spass machte. Schon mit viereinhalb Jahren ging ich dann in die Ballettschule. Als ich 13jährig war zügelten wir aus dem Marzili und bewohnten in der Folge verschiedene Wohnungen in Bern.
Nina Stadler durchlief vorerst einmal das „ganz normale“ Lehrerseminar, Höhere Mittelschule Marzili, war sich jedoch bald bewusst, dass sie niemals eine „ganz normale“ Lehrerein werden wollte. Also machte sie im Anschluss an den Semer eine Ausbildung in klassischem Ballett .
Nina tanzte und trainierte intensiv wärend der ganzen Schulzeit, mit Fokus auf Ballett. Sie hatte bereits kleine Engagements als Tänzerin in Tanzcompagnien, sowie als Schauspielerin in Theaterstücken und choreografierte mit 18 Jahren bereits für Ivana Halamka die Schüler-Vorstellungen.
Seit Nina 23 Jahre alt ist kreiert sie ihre eigenen Choreografien. Dazwischen lockte New York und sie ergänzte dort ihr Können mit einem Studium an der Alvin Ailey School. Später besuchte Nina berufsbegleitend die Hochschule der Künste in Zürich, die sie 2010 mit einem Master Degree in Tanzpädagogik abschloss. Im gleichen Jahr gründete sie eine eigene Tanzgruppem die Compagnie „deRothfils“.
Bea: „Ich kenne dich ja vor allem von deinen Performances her die oft recht schräg und lustig daherkommen“.
Nina: „Beim Choreografieren drücke ich manchmal gerne auch eine zur Musik gegensätzliche Stimmung aus…“
Bea: „Beeindruckt in letzter Zeit hat mich vor allem deine Umsetzung des Totentanzes im Historischen Museum, wo du die Bilder von Niklaus Manuel zum Leben erweckt hast. Und zur Vernissage dieser Ausstellung hatte deine Tanzgruppe zuvor eine eindrückliche Performance im Casino gezeigt.“
Nina tanzt, performt und choreografiert inzwischen für verschiedene Theater ( Museen) und Events im ganzen deutschen Sprachraum. Als ihre frühere Lehrerin , die bekannte tschechische Tanzpädagogin Ivana Halamka, die sie von Kind auf bewundert hatte, sie anfragte, ob sie nicht ihr Berner Ballettstudio übernehmen wolle, hatte Nina bereits andere Pläne: Sie eröffnete 2011 in der Brunngasse 70 eine eigene Tanzwerkstatt, wo sie mit anderen Tanzpädagoginnen arbeitet. „Es freut mich zu sehen, wie viele unserer Schülerinnen inzwischen den Tanz zum Beruf gemacht haben.“
Bea: „Dieses Jahr hast du deine erste Ballsaal Jam-Tanzsession in der Brunngasse durchgeführt, quasi zur Information der Anwohner, die für einen Tag teilhaben konnten an der vielschichtigen Strassenperformance und an eurer kreativen Arbeit.“ Nina: „ Der nächste Jam findet 23./24. März 2018 statt. Mir gefällt das etwas andere Konzept einer Schülervorstellung, wo Publikum, Umgebung und Tänzer sich ständig beeinflussen. Der Event steht ganz im Zeichen des Tanzes als Ausdrucksmittel und Austausch in unserer Gesellschaft. Das passt zum Ballsaal, da wir auch eher eine Tanzwerkkstatt sind als eine herkömmliche Schule. Und wir haben uns vorgenommen, dies nun jedes Jahr zu wiederholen, als Dank an unser Berner Altstadt-Publikum und als der „krönende“ Abschluss eines arbeitsintensiven Jahres unserer Tanzklassen.“
Zurzeit macht Nina mit ihrer Compagnie eine verdiente Pause und geniesst vermehrt das Familienleben. Nach dem grossen Umbau des Burgerspittels zum Generationenhaus vor zwei Jahren zogen Nina und ihr Mann , der Schauspieler Dominik Gysin 2012, noch ohne Sohn Mio in eine der dort wunderschön ausgebauten Wohnungen. „Hier gründeten wir unsere eigene „Teilzeitgenerationen-WG“, erzählt Nina lachend, denn meine Eltern bewohnen hier ein eigenes Zimmer, und leben nun teils im Wallis und teils bei uns. Das ist ein wirklicher Idealfall!“. Nachdem ich Ninas Kaffee und Gastfreundschaft genossen habe, möchte ich zum Schluss noch eins von ihr wissen: „Was gibst du jungen Tänzerinnen und Tänzern mit auf den Weg ins Berufsleben?“ „Sei fleissig aber nicht zu verbissen, verliere nie die Freude am Arbeiten und vergiss dabei nie, das Leben zu geniessen!“
Vielen Dank Nina, für das interessante Gespräch und Zahai Bürgi dass sie mich begleitet hat!