D’Granium gö iche! S’isch Herbscht z’Bärn…
Im Oktober erlebte Bern einen wunderprächtigen „Altweibersommer“! Doch wurde es in den letzten Tagen trotz Sonnenschein merklich kühler, und in den Bergen hat sich der Winter angekündigt. Zeit für einen herbstlichen Stadtspaziergang durch die Stadt – und Zeit auch für meine beiden liebsten Herbstgedichte…
Nachsummer
vo de „Berner Trouvères“
D‘Böim si schwär u d‘Himbbi ryf, d’Sunnebluemeschtängle styf.
D’Märitschtäng am Bundespledu blüie farbig, u im Bedu
zündte lut u schile schüch summersunnebruni Büch.
D’Fründe luege d’Foto a: Costa Brava, Adria…
D’s Blau vom Himmel füllt es Schwirre, Mugge tanze, Samen irre
chrüz u quer, s’isch schier wie Schnee. U das „schier wie“ tuet chlei weh,
will das alles so wie’s isch – halt scho nümm ganz Summer isch.
I weis nid warum s’mi tüecht d’Schiibe sy am Morge füecht.
Mängisch frürt’s eim znacht a d’Finger.
I de Loube het’s chlei minger Frömdi. D’Gurke tüüre o,
aber gäll, was heisst das scho.
D’Luft isch klar – u glych ke Föhn. D’Chammersänger sueche d’Tön.
Hesch am Chare müesse tschokke. D’Modi legen ume Socke a.
Das d’’Tage chürzer sy, gseh di meischte ugärn y,
will das alles so wie’s isch – halt scho nümm ganz Summer isch.
D‘Böim si schwär u d‘Himbbi ryf, d’Sunnebluemeschtängle styf.
D’Schtadt het ume e chlei gwachse. Früecher heig’s no Füchs u Dachse
gha im Wald, wo itz der Kran d’Margge setzt vor Outobahn.
Aber Platz für Ching het’s gnue, Milch u Honig, u derzue
Luft u Wasser jedi Mängi! U we mängisch meinsch, es längi
villich doch nümm allzu wyt, isch der gsächisch hinger d’Zyt,
gsächisch, dass alls so wie’s isch – halt scho nümm ganz Summer isch…
Herbsttag
von Rainer Maria Rilke
Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage,dränge sie zur Vollendung hin, und jage die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben…
Gedichteauswahl und Fotos von Zahai Bürgi